12.11.2024
Gleich zu Beginn: natürlich ist niemals ein Mensch ein Problem, selbstverständlich auch keine Kita-Leitung. Daher auch die Anführungszeichen.Ich hoffe, es wird trotz der schwierigen Thematik deutlich, wie sehr ich Kita-Leitungen schätze. Nichtsdestotrotz begegnet mir in meinen Beratungs- oder Supervisionsprozessen immer mal wieder folgende Herausforderung:
- Ein Team hat große Probleme. Das äußert sich z.B. durch hohe Unzufriedenheit, einem starken Gefühl der Überlastung, hohem Krankenstand, hoher Fluktuation, vergiftetem Ton, usw..
- Ein Träger sieht große Probleme in der Kita. Das äußert sich z.B. durch hohe Unzufriedenheit im Team/ der Kita, hohem Krankenstand, hoher Fluktuation, vergiftetem Ton, Unruhe in der Elternschaft, usw.
Team und Leitung haben regelmäßige Teamsitzungen, Träger und Leitung kommunizieren regelmäßig per Telefon, Email oder auch persönlich. Und trotz dieser intensiven Kommunikation lassen sich die Schwierigkeiten nicht auflösen. Wenn es gut läuft, wird noch rechtzeitig die Fachberatung kontaktiert, ggf. eine Supervision oder Prozessberatung in Auftrag gegeben. Wenn nicht, nimmt die Abwärtsspirale häufig ihren Lauf: der Krankenstand bleibt weiter hoch, Überlastung setzt ein, Unzufriedenheit wächst, Kinder werden „auffälliger“, Eltern unzufriedener, Mitarbeitende kündigen usw.
Was könnte dahinter stecken?
Viele Gründe können selbstverständlich dahinter stecken. Ich möchte das Augenmerk mal auf eine Situation lenken, die häufig übersehen wird. Was ist, wenn die Kita-Leitung „das Problem” ist?
Was ist, wenn sie
- sich zum Beispiel nicht gut selbst organisieren kann
- nicht transparent kommuniziert
- keine ausreichenden Fachkenntnisse hat
- persönlich so belastet ist, dass ihre Arbeitsleistung nachlässt
- sie keine ausreichende Motivation (mehr) aufbringt
- eine psychische Erkrankung oder Suchtthematik entwickelt hat
- es ihr nicht möglich ist sich ausreichend selbst zu reflektieren
- …?
Ergänzend sei auch der Fall erwähnt, dass es durchaus vorkommen kann, dass die Trägerebene gegenüber der Kita-Leitung auf einem Auge blind sein kann. D.h. keine Probleme wahrnehmen zu können, z.B. weil sie ja schon so lange „gute“ Arbeit macht und keine Beschwerden auf Trägerebene ankommen.
Die Kita-Leitung hat erwiesenermaßen eine Schlüsselrolle in der Kita. Sie ist das Bindeglied zwischen Träger und Team, zwischen Träger und Eltern. Sie organisiert, managt, führt Personal, sortiert Fachkenntnisbedarfe und bringt sie (idealerweise) ein, arbeitet in vielen Einrichtungen auch als pädagogische Fachkraft. Sie hat darüber hinaus auch viele weitere Funktionen.
Wenn die Kita-Leitung ihren Aufgaben aber z.B. aus den oben genannten Gründen nicht nachkommt bzw. nicht nachkommen kann, haben sowohl Team als auch Träger (und in der Folge dann auch Eltern und Kinder) ein Problem: die Kita-Leitung als Informationsschnittstelle zwischen Träger und Team funktioniert nicht mehr. Aus dem Team gibt es dann keinen (einfachen) Weg die Trägerebene über Probleme oder gar Missstände zu informieren. Umgekehrt erfährt die Trägerebene weder was im Team los ist, kann keine Prozessverläufe beobachten und auch nicht eingreifen. Das Team ist es nicht gewohnt mit der Trägerebene zu kommunizieren, da dies der Leitung vorbehalten ist. Die Trägerebene wüsste nicht, wen sie im Team ansprechen soll, um Informationen fließen zu lassen bzw. zu intervenieren.
Erst wenn die Herausforderungen so massiv geworden sind, dass sie nicht mehr kompensiert, weggedrückt oder übersehen werden können, wird jemand aktiv. Manchmal wird der Elternbeirat deutlich oder die Trägerebene aktiviert Fachberatung, Supervision oder Coaching, ein Teammitglied steigt über seinen Schatten und kontaktiert doch jemanden von Trägerseite. Letzteres oft mit dem sehr unguten Gefühl der Illoyalität, dem Gefühl etwas vermeintlich Verbotenes zu tun.
Oft gäbe es den Weg über Personal- oder Betriebsrat. Aber hier wird im Problemfall nicht selten zwar ein Missstand benannt, aber kein Handlungsauftrag erteilt. Es besteht auch hier oft das Gefühl gegebenenfalls als Nestbeschmutzer*in dazustehen. Hinzu kommt, dass kleine Träger üblicherweise keinen Betriebsrat haben und manchmal kann es auch sein, dass dem Betriebs- oder Personalrat die (vertrauliche) Handlungskompetenz nicht zugetraut wird.
Ich frage mich schon länger, wieso es nicht in jeder Kita eine Vertrauensperson, eine Art Teamsprecher*in gibt. Jemand der/ die regelmäßig mit Team und Trägerebene, idealerweise auch mit Leitung, Elternbeirat und vielleicht auch einem Kinderbeirat in Kontakt ist und somit eine weitere wertvolle und niederschwellige Informationsquelle ist. Jemand, der/ die im Krisenfall als Bindeglied zwischen Träger und Team fungiert.
Hierfür bräuchte es geklärte (Kommunikations-)Prozesse. Was heißt das?
- Was sind Ziele der Kommunikation?
- Wer könnte in einer Kita diese Funktion ausüben? Braucht es dazu z.B. eine gewisse Betriebszugehörigkeit oder einen konkreten Berufsabschluss?
- Wie viele Person pro Kita sind angemessen? Pro Gruppe eine Person oder X Person(en) pro Kita?
- Wie findet die Auswahl der entsprechenden Person(en) statt?
- Für wie lange gilt die Auswahl? Wann erfolgt ggf. eine Abwahl?
- Wer ist Ansprechpartner für die Vertrauensperson/ Teamsprecher*in?
- Wie sollen die Informationswege gestaltet sein: persönlich, per Mail, telefonisch? In welchem Turnus?
- Welchen Schutz erhalten die entsprechenden Personen im Krisenfall, also z.B., wenn es um vertrauliche oder kritische Informationen geht?
Bestimmt gibt es weitere Dinge zu klären. Mich interessiert wer ein solches Modell bereits umsetzt und wie die Erfahrungen damit sind. Herzliche Einladung mir zu mailen oder hier zu schreiben.
P.S. Die gleiche Thematik betrifft natürlich nicht nur die Kita, sondern auch Organisationseinheiten, die eine*n Sandwich-Chef*in haben.
Admin - 17:06 @ Führung, Organisationsentwicklung | Kommentar hinzufügen
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